Bitte beachte die Content Note, die für alle Inhalte auf dem Blog gilt.

Die unerträgliche Leichtigkeit des Seins.

Die Trauer war die Form und das Glück war der Inhalt. Das Glück füllte den Raum der Trauer aus.

Milan Kundera, Die unerträgliche Leichtigkeit des Seins

Die unerträgliche Leichtigkeit des Seins von Milan Kundera habe ich vor einigen Jahren gelesen, weil ich dachte, es wäre eines dieser Bücher, die ich mal gelesen haben muss. Kurz gesagt: Teresa und Tomas sind ein Paar. Er hat komplett andere Vorstellungen von einer Beziehung als Teresa. Das äußert sich darin, dass er ständig Affären hat, obwohl sie sich Monogamie wünscht. Teresa weiß, dass er fremdgeht, sagt Tomas aber lange Zeit nicht, dass sie die Affären stören. Das wiederum führt dazu, dass Teresa, Fotografin, gedanklich ständig um Tomas kreist und ihr Leben nicht genießen kann, während er, gefeierter Chirurg, „die unerträgliche Leichtigkeit des Seins“ auskostet, trotz ständiger Bedrohung durch den Kalten Krieg. Die beiden kommen einfach nicht voneinander los. Auch dann nicht, als Teresa Tomas sagt, dass sie das Fremdgehen stört, bleibt Tomas dabei. Er ändert sein Verhalten auch dann nicht, als Teresa vor ihm in die Tschechoslowakei flüchtet. Am Ende sind beide unglücklich (im Buch wird es so formuliert, dass Tomas „an Mitgefühl mit Teresa erkrankt“ und daraufhin seinen Job verliert). Und dann … naja.

Während ich diese Sätze schreibe, fällt mir auf, dass ich mich in der Passivität und Selbstaufgabe Teresas wiedererkannt habe, auch wenn sie mich gleichzeitig zu Tode genervt hat. Die Identifikation mit der Protagonistin spielt hier also eine Rolle – auch wenn es schmerzt, das zuzugeben. Und auch wenn ich jetzt an einem anderen Punkt stehe, finde ich die Frage immer noch spannend, was wir bereit sind, für Menschen, die wir lieben, aufzugeben und hinzunehmen.

Generell habe ich mich zu der Zeit, als ich Die unerträgliche Leichtigkeit des Seins gelesen habe häufig mit unterschiedlichen Vorstellungen von und Arten, wie man Beziehungen leben kann, beschäftigt. Da es neben der monogamen Zweierbeziehung andere, ebenso valide Beziehungsmodelle gibt, hat mich damals nicht Tomas‘ „Fremdvögeln“ geärgert, sondern die Tatsache, dass keiner von beiden sich dazu überwinden konnte, einen Schlussstrich zu ziehen und Platz im Leben zu machen für Menschen, die die eigenen Beziehungsvorstellungen teilen.

Wenn ich versuche, eine Erklärung dafür zu finden, warum die beiden sich das antun, gelange ich zu dem Schluss, dass die Umstände, in denen die Protagonisten leben, eine zentrale Rolle spielen. Schließlich spielt Die unerträgliche Leichtigkeit des Seins zu Zeiten des Kalten Kriegs und das Paar ist ständig auf der Flucht. Und zwar nicht nur vor einander, sondern auch vor ganz realen, existenziellen Bedrohungen, die der Krieg mit sich bringt. Diese ständige, unter der Leichtigkeit liegende Angst scheint die beiden zu zusammenzuschweißen. Denn wer fängt uns auf, wer hält uns, wenn alles um uns herum zerfällt? Wohl die Menschen, die uns nah sind, selbst wenn wir in wichtigen Grundüberzeugungen am Ende des Tages nicht übereinstimmen.

Interessant finde ich auch die Frage: Wie weit gehen wir, in Zeiten von Krieg und politischen Umbrüchen wie hier dem Prager Frühling, um Leichtigkeit zu finden und beizubehalten?

Dieser beitrag Gefällt dir?

Dann unterstütze Gedankenflux!

From my little alien heart directly to you: Unterstütze diesen Blog, wenn du in Zukunft noch mehr Beiträge wie diesen lesen willst – mit einer Ko-fi-Spende! Ich freue mich über jeden Betrag sehr, auch über wenige Euro. Vielen Dank 👽