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Das war nix.

Einen Monat lang hat sich auf Gedankenflux alles um Inspiration gedreht. Ich habe über viele Bücher geschrieben, die mich inspirieren. Deshalb muss es jetzt auch mal um die andere Seite gehen. Genauer gesagt: um ein Buch, das mich überhaupt nicht berührt hat. Leider. Denn es gehört ausgerechnet zu den absoluten Klassikern der Beat Literature und wurde von einem weltbekannten Autor geschrieben. Die Rede ist von Jack Karouac. Das Buch: On the Road.

Ein paar Fakten zu On the Road: Der Roman wurde 1957 veröffentlicht und stammt von einem der bekanntesten Vertreter der sogenannten Beat Generation, zu der auch Autoren wie Allen Ginsberg und William S. Burroughs gehört haben. Leute aus dieser Szene wurden Beatniks genannt (oder haben sich selbst so genannt) und waren die Vorläufer der modernen Hipster. Sie haben sich viel mit Kunst, vor allem mit Jazz beschäftigt und galten als unkonventionell, expressiv und kreativ. Sie lehnten gesellschaftliche Vorstellungen von vorgezeichneten Lebensentwürfen ab und wollten sich frei ausdrücken. Es herrschte auch ein ausgeprägtes Bewusstsein über soziale Unterschiede, die sich zum Beispiel aufgrund von Einkommen, sexueller Orientierung, Race oder Gesundheit ergeben. Ausgezeichnet haben sie sich auch durch eine große Offenheit für neue Erfahrungen.

On the Road beschreibt den Road Trip des Protagonisten Dean Moriarty, der nach dem Tod seines Vaters quer durch die USA reist. Soweit die Story. Denn das Buch ist eher eine Aneinanderreihung von Begegnungen, die Moriarty dort macht. Kerouac beschreibt ganz unterschiedliche Menschen, Milieus und Subkulturen. Immer wieder geht es um Sex und Drogen. Moriarty driftet dabei von einer Situation zur nächsten, betrachtet unterschiedliche Menschen und Kontexte aus der Perspektive eines Außenstehenden und lässt sich mitreißen.

Ich finde, das klingt sehr, sehr interessant und so, als könnte man nicht nur viel über die amerikanische Gesellschaft in den 1950er-Jahren, sondern auch darüber, wie es ist, sich entfremdet zu fühlen, nicht Teil von etwas zu sein, sondern nur zu driften, erfahren. Zumindest theoretisch. In der Praxis habe ich nämlich ungefähr zehn Mal versucht, On the Road zu lesen und bin immer wieder gescheitert.

Das liegt daran, dass das Buch den gleichen Rhythmus hat wie ein experimenteller Jazz Song. Es ist total unvorhersehbar und springt von einer Szene zur nächsten. Sobald man sich auf neue Charaktere eingestellt und sie lieb gewonnen hat, springt das Buch schon zur nächsten Begegnung, zum nächsten Abenteuer, zur nächsten Erfahrung weiter. Auch Gedanken werden selten zusammenhängend und verständlich geäußert. Kurze Gedankenblitze werden unterbrochen von der nächsten Konversation – so als würde kein Gedanke zu Ende gedacht werden können, weil man sich ständig mit anderen austauscht und ständig in Bewegung ist.

Auf dem Buchrücken meiner Ausgabe hat sich William S. Burroughs geäußert:

On the Road (…) sent countless kids on the road. The alienation, the restlessness, the dissatisfaction were already there waiting when Kerouac pointed out the road.

Auf Deutsch: „On the Road (…) hat unzählige Kids auf die Straße geschickt. Die Entfremdung, die Unruhe, die Unzufriedenheit waren schon da, als Kerouac den Weg zeigte.“

Ich denke, das On the Road ein wichtiges Buch ist, weil es die Haltung einer bestimmten Gruppe zur amerikanischen Gesellschaft widerspiegelt und damit einen bestimmten Zeitgeist einfängt. Trotzdem war dieser Roman für mein eigenes Empfinden einfach viel zu unruhig, um mich darauf einlassen zu können. Ich habe mir mehr Konsistenz gewünscht. Schade. Gut, dass es andere Werke der Beatniks gibt, die etwas leichter lesbar sind.

Kategorie: Archiv, German

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