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Afterdark.

Er lächelt nicht, wenn ihm etwas gelingt, wirkt aber auch nicht enttäuscht, wenn es ihm misslingt. Die Ärmel seines Hemds hat er bis zu den Ellenbogen aufgekrempelt. Der oberste Knopf ist geöffnet und die Krawatte gelockert. Wenn nötig, notiert er Zahlen und Symbole auf einem Blatt neben sich. Dazu benutzt er einen langen, silbernen Bleistift mit Radiergummi. Ein Firmenname – VERITECH – steht darauf. Sechs weitere von diesen Bleistiften liegen säuberlich in einer Schale aufgereiht. Alle sind nahezu gleich lang und äußerst spitz.

Haruki Murakami, Afterdark

In Afterdark verfolgt man die Geschichten der 19-jährigen Mari, ihrer Schwester Eri, eines Posaunisten, einer Prostituierten und eines Freiers. Die Handlung spielt in einer einzigen Nacht in Tokio. Wer Literatur von Murakami kennt, weiß, dass er einen sehr eigenen, extrem bildhaften Erzählstil hat. Und dass er es schafft, Eindrücke von Städten und Menschen so lebendig zu vermitteln, dass diese Orte und Personen wirklich lebendig werden und sich einprägen.

Er beschreibt Situationen – aber auch Gerichte, Kleidung, Verhaltensweisen oder Räume – mit einer Prägnanz, die ich so vorher nicht kannte. So bekommt man ein sehr deutliches Bild von den Protagonist*innen seiner Romane und versteht, was sie ausmacht und antreibt.

Das Besondere an Murakamis Erzählstil ist auch die Einfachheit der Sprache. Er benutzt keine verschnörkelten Formulierungen, sondern beschreibt nur, was er sieht. Und zwar mit sehr viel Liebe zum Detail, die erahnen lässt, dass der Autor seine Umgebung aufmerksam wahrnimmt. Es gibt auch einige Romane von Murakami, die eher in den Bereich Fantasy abdriften, aber ich mag besonders die Bücher, in denen es primär um die japanische Gesellschaft geht.

Als ich den Roman, der 2005 auf Deutsch erschienen ist, 2012 gelesen habe, haben sich die Beschreibungen von Tokio und der japanischen Kultur so eingeprägt, dass ich seitdem unbedingt einmal nach Japan reisen will.

PS. Übrigens hat Anna Thalbach mal letztens in einem Podcast gesagt, dass Murakamis Fuß-Fetisch zu viel Raum in seinen Romanen einnehme und man ihn deshalb „langsam nicht mehr lesen könnte“. Ich habe schon einige Murakami-Romane gelesen, auch die neuen, und mir ist das noch nie aufgefallen. So extrem wie Anna Thalbach sagt, kann es also nicht sein 🙂 Außerdem: Soll er doch seinen Fetisch haben. We don’t kink shame here. Und ich finde die Bücher (noch) großartig – Fußfetisch hin oder her.

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